Ettlinger Bündnis
gegen Rassismus und Neonazis
Ohne Nazis und Rassisten leben,
in Ettlingen und anderswo!
2.12.2006
Dokumentiert:

Die Gerichtsentscheidungen zum Nazi-Aufmarsch

Verwaltungsgericht Karlsruhe, Verwaltungsgerichtshof Mannheim und Bundesverfassungsgericht

Kurz vor dem geplanten Nazi-Aufmarsch versuchten die Veranstalter noch in aller Eile, das Verbot des Aufmarschs durch die Stadt Ettlingen zu kippen.

Sie hatten damit keinen Erfolg; der Nazi-Aufmarsch blieb verboten.

Nach einem städtischen Verbot ist die erste Anlaufstelle das Verwaltungsgericht. Gegen dessen Entscheidung kann beim Oberverwaltungsgericht (in BaWü dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim) Einspruch eingelegt werden.

Wenn das Oberverwaltungsgericht keine Revision zulässt, steht dem Veranstalter dann noch der Weg zum Bundesverfassungsgericht offen.

Wir dokumentieren die Entscheidungen:



 

24.11.2006:

Ettlingen erlässt ein Verbot des Nazi-Aufmarschs

Siehe den dokumentierten BNN-Artikel vom 25.11.2006



 

30.11.2006:

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hebt das Verbot auf

Hier die Entscheidung in einer Pressemitteilung:


Rechte Demonstration darf nur unter Auflagen stattfinden

Datum: 01.12.2006

Kurztext: Pressemitteilung vom 01.12.2006

Die für 02.12.2006 geplante rechtsgerichtete Demonstration in der Ettlinger Innenstadt darf stattfinden. Das von der Stadt Ettlingen verfügte völlige Verbot ist aller Voraussicht nach rechtswidrig. Dies entschied die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in ihrem gestern Abend bekannt gegebenen Beschluss und gab damit dem Eilantrag des Veranstalters statt. Das Gericht verband seine Entscheidung jedoch mit zahlreichen Auflagen für den Veranstalter. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, dagegen beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Beschwerde einlegen.

Der Veranstalter plant am morgigen Samstag eine Kundgebung in der Innenstadt Ettlingens. Diese wurde von der Stadt Ettlingen verboten, weil sie befürchtete, dass aus der Veranstaltung heraus Straftaten verübt werden könnten. Das Verbot war für sofort vollziehbar erklärt worden. Dagegen richtete sich der Eilantrag des Veranstalters.

Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag statt allerdings mit der Maßgabe, dass der Veranstalter die im Beschluss genannten Auflagen einhalten muss. Die Versammlung darf nunmehr nur zwischen 12.00 und 17.00 Uhr stattfinden, es dürfen keine Springerstiefel oder uniformähnliche Kleidung getragen werden und die Teilnehmer dürfen keine Fackeln mitführen. Außerdem ist es verboten, in Marschformation aufzutreten, Trommeln oder Fanfaren zu verwenden und Alkohol zu konsumieren. Auflagen machte das Gericht auch im Hinblick auf die verwendeten Fahnen und Lautsprecher sowie die geplanten Reden, Sprechchöre und Transparente. Der Veranstalter muss darüber hinaus eine bestimmte Anzahl von Ordnern stellen und die Teilnehmer vor Beginn der Veranstaltung über die Auflagen informieren.

Diese Einschränkungen sind nach Auffassung des Gerichts erforderlich, aber auch ausreichend, um sowohl der Versammlungsfreiheit als auch der Sicherheit unbeteiligter Dritter Rechnung zu tragen. Die von der Stadt angeführten Erfahrungen mit ähnlichen Veranstaltungen in anderen Städten und das Thema der Kundgebung "Für den Erhalt deutscher Kultur – Nationale Freiräume schaffen" reichten nicht aus, um hinreichend sicher annehmen zu können, es komme zu Straftaten aus der Versammlung heraus. Es spreche auch nichts dafür, dass die Polizei nicht in der Lage sei, etwaige Konfrontationen zwischen den Teilnehmern und Gegendemonstranten zu verhindern, die ihr Kommen bereits angemeldet hätten. Allerdings machten die konkreten Umstände der Demonstration am Weihnachtssamstag die genannten Auflagen erforderlich, um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu verhindern.

Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2006, 2 K 2887/06




 

1.12.2006:

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigt das Verbot des Nazi-Aufmarschs

Hier der Wortlaut der Entscheidung:


1 S 2832/06

VERWALTUNGSGERICHTSHOF
BADEN-WÜRTTEMBERG

B e s c h l u s s

In der Verwaltungsrechtssache

- Antragsteller -
- Beschwerdegegner -

prozessbevollmächtigt:

gegen

Stadt Ettlingen - Justitiariat -,
vertreten durch die Oberbürgermeisterin,
Marktplatz 2, 76275 Ettlingen, Az: 112.453-Ri

- Antragsgegnerin -
- Beschwerdeführerin -

prozessbevollmächtigt:

wegen Versammlungsverbot
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Dr. Weingärtner, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Schmenger und den Richter am Verwaltungsgerichtshof Brandt

am 1. Dezember 2006

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. November 2006 - 2 K 2887/06 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 23. November 2006 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.


Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und auch begründet. Anders als das Verwaltungsgericht ist der Senat der Ansicht, dass dem Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des von der Antragsgegnerin verfügten Versammlungsverbots verschont zu bleiben, kein Vorrang gegenüber dem gegenläufigen öffentlichen Interesse gebührt.

Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung spricht überwiegendes dafür, dass das Verbot der Versammlung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 VersG rechtmäßig ergangen ist. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass bei der vom Antragsteller angemeldeten Demonstration die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.

Nach den im einzelnen nachvollziehbar belegten Erkenntnissen des Polizeipräsidiums Karlsruhe waren zahlreiche Demonstrationen der sogenannten "rechten Szene" in Baden-Württemberg - auch ungeachtet von Auseinandersetzungen mit den Gegendemonstranten - von einer jedenfalls latenten Gewaltbereitschaft geprägt, die auch immer wieder in Tätlichkeiten, insbesondere gegenüber den zur Sicherung der Demonstrationen eingesetzten Polizeikräften umgeschlagen ist.

Eine solche Gewaltbereitschaft ist auch in den Aufrufen zur Teilnahme an der für den 02.12.2006 geplanten Versammlung enthalten. Dies gilt für den Internet- Auftritt unter der Adresse "demo-ettlingen.de.vu". Der Antragsteller hat sich hiervon zwar schriftsätzlich distanziert; ob dies angesichts der Tatsache, dass dort unwidersprochen seine Mobiltelefon-Nummer als Info-Telefon angegeben ist, mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis ist, mag dahinstehen; denn es ist jedenfalls davon auszugehen, dass auch durch diesen Auftritt die Erwartungshaltung der Versammlungsteilnehmer maßgeblich geprägt wird. Die nähere Umschreibung des Versammlungsmottos "Für den Erhalt der deutschen Kultur - Nationale Freiräume schaffen" und auch die darin enthaltenen ausländerkritischen bzw.- feindlichen Äußerungen sind zwar strafrechtlich irrelevant. Ob dies auch für den "Video-Clip" zu gelten hat, in dem unter anderem auch ein Davidstern von einem Bagger verscharrt wird, bedarf hier keiner abschließenden Prüfung. Denn jedenfalls wird damit eine kämpferische und aggressive Haltung symbolisiert. In gleicher Weise gilt dies für Aufrufe zur Versammlungsteilnahme auf der Internetseite "wikingerversand.de", zum einen anonym mit einem Pistolen-Emblem, zum anderen durch den Rechtsextremisten xxxxxxx xxxxxxxxxx, der als Zweitveranstalter anzusehen ist und gegen den zahlreiche einschlägige Strafverfahren anhängig sind.

Es ist zu erwarten, dass die Gefahrenlage sich jedenfalls auch dann realisieren wird, wenn der Versammlungsleiter nicht mäßigend auf die Teilnehmer einzuwirken bereit ist. Es kann indessen nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller diese Aufgabe in verantwortungsvoller Weise wahrnehmen wird. Er ist zwar wegen Gewaltdelikten im Zusammenhang mit Demonstrationen noch nicht strafrechtlich verurteilt worden. Allerdings sind wegen gewalttätiger Übergriffe des Antragstellers auf Polizisten im Zusammenhang mit den Demonstrationen in Horb am 08.04.2006 und in Göppingen am 23.09.2006 strafrechtliche Ermittlungen gegen den Antragsteller anhängig. Der Antragsteller hat gegen die Sachverhaltsdarstellung in den Berichten des Polizeipräsidiums nichts vorgebracht, wobei ihm dies allein auf Grund der Umstände des Eilverfahrens nicht etwa unmöglich war; so hat der Senat dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers eine von diesem letztlich nicht in Anspruch genommene Verlängerung der Stellungnahmefrist eingeräumt. Deswegen sieht sich der Senat an der Verwertung dieser Vorkommnisse zu Lasten des Antragstellers nicht gehindert. Es handelt sich dabei um vergleichbare Veranstaltungen, die in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht den erforderlichen hinreichend konkreten Bezug zu der nun geplanten Veranstaltung aufweisen.

Sie zeichnen das Bild des Antragstellers als eines politischen Aktivisten, der unter Missachtung der Rechtsordnung die - auch tätliche - Auseinandersetzung sucht und deswegen einem Abgleiten der Versammlung in strafbares Verhalten nicht nur nicht entgegenzutreten bereit ist, sondern solche Tendenzen fördert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Weingärtner Schmenger Brandt




 

2.12.2006

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt das Verbot des Nazi-Aufmarschs


- Die Entscheidung liegt noch nicht vor -




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